Freitag, 5. September 2014

Das Abenteuer "stoppen"

In meinem letzten Artikel , schrieb ich unter Anderem über "Durchlaufmaps" und von der Möglichkeit sie völlig zu unterbinden. Darum soll es heute gehen.
Zur Wiederholung: Durchlaufmaps nenne ich deswegen so, weil auf ihnen nicht mehr zu tun ist, als sie zu durchqueren. Dazu zählen auch völlig "sinnlose" Städte und Dörfer und andere beliebige Spielpassagen gleichen Kalibers. Die Quellen des Übels sind relativ leicht zu benennen: Mangelnde Ideen, was mit den Maps überhaupt angefangen werden soll. Es wird gehetzt, damit der nächste Plotpunkt schnell erreicht werden kann. So auch für Teile des Plots: Die Helden stecken in Gefahr? Na dann wird sie irgendwas in der nächsten Minute retten oder das Ganze wird mit einem Kampf entschieden. Hurra, wie kreativ und spannend.

Warum nicht zur Abwechslung etwas Zeit lassen und es den Helden nicht so einfach machen?
Halten wir sie doch einfach auf.

Moment, was?


Ich meine damit nicht, mit irgendwelchen Plottwist-Sequenzen um sich zu werfen und ständig gegen relevante schurkische Feinde zu kämpfen. Ich rede von natürlichen Hürden im Spielverlauf. Dafür ist es aber notwendig, die eigene Welt nicht auf technischer Basis zu betrachten, sondern als das, was es im echten Leben auch wäre. Im RPG Maker ist ein Fluss eine unüberwindbare Hürde. Im echten Leben ist ein Fluss, ein Strom aus Wasser, der je nach Tiefe und Strömungsgeschwindigkeit über verschiedene Methoden überquert werden kann. Es ist sinnvoll zuerst nach naheliegenden weltlichen Lösungen zu suchen. Und diese Lösung braucht auch nicht sofort verfügbar sein, sondern kann ihr eigenes kleines Abenteuer mit sich bringen, so lange die Helden nicht ihre Ziele aus den Augen verlieren.

Nichts geschenkt


Man kennt vor allen Dingen aus Point & Klick Adventures, dass jedes zu erreichende Ziel eine Reihe von Haken und Problemen mit sich bringt. Das lässt sich ungefähr so auch auf Rollenspiel-Adventures übertragen: Es ist möglich eine Kette an nachvollziehbaren Problemen zu bilden. Sie sollten definitiv nachvollziehbar sein, andernfalls fällt es schwer die Problemstellungen noch ernst zu nehmen und das Spiel fühlt sich künstlich gestreckt an.
Wir müssen nun keine gewaltigen Probleme erschaffen, die den Spieler über Stunden aufhalten. Und schon gar nicht auf jeder Map. Ein wenig Abwechslung vom gewohnten Pfad reicht schon aus.

Um zu illustrieren, was ich mir vorstelle:

Ist voll de gud


Die Gräfin und die Spinne (DGudS) ist ein tolles Makerspiel, um einfache "Stopper" zu demonstrieren (das Spiel demonstriert noch andere tolle Sachen). DGudS besitzt keine riesigen Einbahnstraßen-Maps, in denen nichts geschieht, sondern reduziert sich selbst auf das Wesentliche und kreiert im Gesamten eine eher kleinere "Welt", aus gut erzählten, weltlichen Ereignis-Maps. Im Wesentlichen gibt es auf jeder Map irgendwas zu entdecken - und seien es manchmal nur die witzigen Anekdoten des Protagonisten.
Auf einer Map kann man klettern lernen, was mit weltlichen Bedingungen verbunden ist, und im sofortigen Anschluss zu einem Nebenabschnitt führt. Auf einer anderen Map begegnet man Werwölfen, denen man eine bestimmte Person bringen soll, was ebenfalls wieder zu einem Abenteuerpfad führt und sogar für spätere Ereignisse eine untergeordnete Relevanz besitzt. Und im Gesamten weiß man nie, ob irgendwas davon optional oder Pflicht war, denn kleine Ereignisse (und sogar Monster-Encounter) sind grandios mit der Hauptgeschichte verwoben.

Das bedeutet nun aber nicht, dass auf jeder Map irgendwas passiert. Manchmal brauchen wir "Durchlaufmaps" um zu verschnaufen und als Spieler das Geschehene zu verarbeiten. Aber dazu muss halt irgendetwas geschehen. Es schadet aber auch nicht, wenn der Spieler merkt, dass es auf jeder Map irgendwas Tolles zu entdecken gibt. Und das muss nicht einmal zwingend Loot oder eine Kiste sein, sondern vielleicht ein neuer Abschnitt eines Abenteuers, Menschen mit Problemen oder irgendwas völlig Banales - Hauptsache es macht Spaß (und Humor darf in Videospielen auch nicht fehlen). Wenn der Spieler auf freiwilliger Basis erkundet, machst du definitiv etwas richtig.

Kleine und große Ereignisse


Vielleicht wurde jetzt auch klar, dass ich nicht wirklich meine, das laufende Abenteuer zu stoppen. Statt dessen verdrehen und bemalen wir es ein wenig, lassen es weiterlaufen, aber in eine mindestens ebenso spannende Richtung wie zuvor. Auch Seitenabstecher sollten mit so viel Hingabe geschrieben sein, wie der Rest.

Jedenfalls: Probleme entstehen meist aus kleinen Dingen heraus und bauen sich erst langsam auf. Also packt den plötzlich auftauchenden, riesigen feuerspeienden Drachen ein, der mit einem magischen Eiskristallschwert besiegt werden muss. Bleiben wir doch einfach bei der Überlegung, dass die Heldengruppe irgendwas aufhält.

Das kann alles sein. Ein Fluss, steiler Berg, Geröll, Sumpf, brütende Hitze oder Schneesturm. Oder gar menschliche Barrieren, wie ein Durchgangsverbot mit Wachen oder Ausgangssperren. Um es zu wiederholen: Betrachte deine Welt nicht aus technischer Sicht, sondern welche Auswirkungen sich im echten Leben unter deinen Bedingungen ergeben würden und wie mit ihnen umzugehen wäre. Aus so kleineren Problemen lässt sich eine weiterführende Kette an Ereignissen bilden, die sich eventuell gar zu größeren Problemen aufbauen und der Protagonist (oder Gruppe) in ein Abenteuer verfällt, wohin er eigentlich gar nicht wollte, aber nun mittendrin steckt und die Suppe auszulöffeln hat.

Plötzliche Ereignisse können aber auch größer beginnen, als "Ich habe meinen Schlüssel verloren", denn die Welt außerhalb der Gruppe dreht sich trotzdem weiter und hat womöglich zu dem Ereignis geführt, welches nun ausgerechnet auf die Heldengruppe rieselt. Hauptsache du behältst die Übersicht, wie deine eigene Welt funktioniert und ob dieses Ereignis überhaupt aus spielerischer Sicht wirklich notwendig ist und im Gesamtkontext Sinn ergibt. Solche Events sollten schließlich immer ein wenig die Charaktere und den Plot stärken.

Ausgedachtes Beispiel


Tja, da wird das Abenteuer doch glatt dadurch gestört, dass ein Gruppenmitglied (Olaf) in einen tiefen Schacht fiel und wir ihn retten müssen. Ohne den Freund weiterzugehen geht nicht, also besorgen wir uns ein Seil und vielleicht gibt es sogar Schaulustige oder Leute, die helfen wollen. Wir steigen also hinunter, stellen aber fest, dass dort unten ein unterirdischer reißender Fluss durchführt - was auch gut ist, denn dann könnte Olaf noch leben. Wir rufen also, aber keine Antwort.
Also suchen wir entweder das Ende des Flusses (den jemand kennen könnte) ODER finden neben dem Fluss einen schmalen Weg, den wir gehen könnten (wir bleiben bei der Variante). Und wir müssen feststellen, dass ein Boot bei der Strömung und all den Steinen zu gefährlich wäre - und wir außerdem keine Zeit für so etwas haben. JA, auch sinnvolle Kommentare, die eine logische Lösung ausschließen, könnten fallen. Wir nehmen zur Sicherheit noch ein Seil mit. 
Wir rufen ständig nach Olaf, ohne zu bemerken, dass wir dabei immer mehr Maulwurfmonster aufwecken, die sich uns immer mehr nähern. Irgendwie finden wir den noch lebenden Olaf, der sich an einen Felsen mitten im reißenden Strom krallt. Mit dem Seil können wir ihn retten, doch er hat sich offensichtlich das Bein gebrochen und hat starke Schmerzen. Der passende Moment für die hungrigen Maulwurfmonster, denn einer von uns (Olaf) kann sich nicht bewegen und AKTIV mitkämpfen.
Der Kampf beginnt (mit Olaf), der sich aber nicht bewegen kann und am Leben gehalten werden muss - andernfalls ist das Spiel zu Ende oder es geht fort an mit einem Partymember weniger weiter (Emotionen usw). Unter der Annahme, er hätte überlebt, werden wir als Wegverkürzung aus dem Schacht mit einem Bildübergang "herausgeblendet" und alle freuen sich wie blöde.
Olaf muss aber erstmal genesen, was mehrere Wochen bräuchte. Somit könnte das Abenteuer, aufgrund von Dringlichkeiten, erstmal ohne ihn weitergehen. Da er noch lebt, könnte er später in einem entscheidenden Moment auf der Bildfläche erscheinen und im Gegenzug unsere anderen Helden retten.

Klar, es gab keine handfeste Belohnung aus dem Ganzen. Es hätte auch nirgendwo Platz gehabt. Wir haben sogar ein Partymitglied verloren. Aber es war ein Ereignis. Und Ereignisse sind für den erzählerischen Verlauf wichtig und fühlen sich emotional oft belohnender an, als irgendeine Kiste mit Random Item-Loot.

Schaut einfach mal, was ihr aus der Umgebung rausholen könnt und ob sich nicht eine interessante Geschichte drumherum spinnen lässt. Durch Ereignisse haben Charaktere erst einen Grund zu agieren, gewinnen somit an Tiefe und Persönlichkeit. Wenn alles nur darauf ausgerichtet ist, stur der Mainquest zu folgen (finde den Antagonisten am Ende der Welt) wird es recht früh sehr monoton.

Schreibt euch solche Ereignisse auf und zieht sie euch nicht während des Mappings spontan aus dem Pöppes. Ich habe sie mir im Vorfeld spontan rausgezogen °3°

Das waren meine heutigen Gedanken.

[MG]

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